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Fünf Geschichten

Alt Krenzlin

Schulmeister Dunker
und die unerzogenen Jungen Max und Moritz

1744 befand sich eine einklassige Volksschule mit 49 Schülern in Alt Krenzlin. Einer der zwei Schulmeister war seinerzeit Hans Christopher Dunker. Er hatte es wirklich schwer. Zunächst musste er die Eltern überzeugen, dass sie ihre Kinder nicht aufs Feld oder in den Stall, sondern in die Schule schicken sollten und dann noch die Schwerstarbeit, den Kindern Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen. Die meisten Kinder waren schüchtern bis wissbegierig, zwei Jungen jedoch hatten nur Flausen im Kopf und erlangten traurige Berühmtheit.


Alle Alt Krenzliner beschwerten sich über Max und Moritz, ob es Onkel Fritz war, dem sie Maikäfer ins Bett steckten oder Schneidermeister Böck, dessen Steg sie angesägt und ihn verspottend über die Rögnitz gelockt hatten, sodass er einbrach. Im Winter wohlgemerkt. Ganz zu schweigen von der Witwe Bolte und ihren heißgeliebten Hühnern, die sie an den Beinen zusammenbanden, auf dass sie jämmerlich im Baum hängend starben.


So viel Unsinn und Brutalität bündelte sich in ihren Köpfen, keiner konnte sie bändigen. Was sollte nur aus ihnen werden ...


Schulmeister Dunker gab sich große Mühe, allen Kindern gerecht zu werden. Geduldig wiederholte er Übungen, bis selbst der Dümmste verstand. Er war nach der Schule so geschafft, dass er nur noch nach Hause wanken konnte und sich eine halbe Stunde aufs Ohr legte. Danach kochte seine Frau eine Tasse Kaffee für ihn und er gönnte sich ein feines Pfeifchen. Das war sein Schönstes. Danach musste es ja Hefte korrigieren und sich auf den nächsten Tag vorbereiten.

 

Max und Moritz hatten sich eine Gemeinheit ausgedacht. Sie wollten dem alten Schulmeister eine Lehre verpassen, die er niemals vergessen sollte. Während Dunker den Schlaf des Gerechten schlief und seine Frau kurz bei der Nachbarin schwatzte, schlichen sich die beiden Lauselümmel ins Haus und stopften die Pfeife auf ihre Art. Am liebsten hätten sie sich versteckt, um ihre Missetat aus nächster Nähe zu beobachten. Wie sie ins Haus gekommen waren, entfernten sie sich auch wieder, geräuschlos.

Als Schulmeister Dunker ausgeschlafen hatte, setzte er sich wie immer in sein Studierzimmer, die Tasse Kaffee stand schon bereit. Er zündete die Pfeife an und rrrrrrrrummmmmmms, da ging sie los, mit Getöse schrecklich groß! Alles flog im Pulverblitz durcheinander, brach entzwei und auch der Lehrer war verletzt. Die ganze Gemeinde war natürlich entsetzt, keiner ahnte, wer diesen bösen Streich gespielt hat. Dunker war außer Gefecht gesetzt, was alle nachdenklich machte. Der alte Schulmeister wusste, wem er das zu verdanken hatte und freute sich darauf, den beiden Jungs eine saftige Strafe aufs Auge zu drücken. Eine Zeit lang musste er sich allerdings noch gedulden, denn sein Gesundheitszustand verbesserte sich nur langsam. Seine Frau pflegte ihn so gut sie konnte, dennoch war erst mal Auszeit angesagt.

 

Max und Moritz genossen das Dunker-freie Leben. Zwar machte der zweite Lehrer Dienst und versuchte, alle Schüler zu unterrichten, aber er war noch jung und konnte einfach nicht alles schaffen. Die Wochen vergingen, die Sommerferien standen vor den Toren. Dunkers Gesundheit war soweit wieder hergestellt. Er machte sich auf den Weg und besuchte die Eltern von Max und Moritz. Hoher Besuch im Gehöft, was hatte das zu bedeuten? Den beiden schwante nichts Gutes.

 

Ich möchte mit Ihren Söhnen einen Test durchführen. Mir scheint, sie haben in den letzten Wochen nicht genug lernen können. Ich würde sie in den Sommerferien unterrichten, damit sie im nächsten Schuljahr von Anfang an mitkommen und keine Lücken entstehen. Die Eltern sind skeptisch, lassen den Lehrer aber gewähren. Max und Moritz müssen ihrem Alter entsprechend Fragen beantworten und Aufgaben lösen. Sie sind nicht dumm und schaffen überraschenderweise einige komplizierte Übungen. Den Rest, so sagt Dunker, können sie in den Ferien in meinem Haus nachholen. Eigentlich sollten die beiden in den Ferien die Ernte mit einholen, aber die Eltern geben sich geschlagen. Wenn sich ein gelehrter Herr schon auf den Weg macht ...

 

Pünktlich zum Nachholunterricht erscheinen die beiden nicht mehr ganz so bösen Buben im Dunker-Haus, jeden Tag um 8 Uhr. Sie pauken Lesen, Schreiben, Rechnen, lösen mit frisch erwachtem Ehrgeiz jede Aufgabe und finden sogar Freude daran. Nachmittags hacken Sie aus Dankbarkeit für ihren Lehrer Holz, ernten die Obstbäume ab und mähen für das Kleinvieh Heu. Sie entwickeln sich prächtig und genießen die Aufmerksamkeit. Diesmal in positiver Weise. So sind die sechs Wochen im Sommer für sie eine Kehrtwende im Leben, ab diesem Zeitpunkt freuen sie sich jeden Tag, zur Schule gehen zu dürfen. Sie lachen viel und entdecken, anderen zu helfen kann auch ein Lebenszweck sein.

 

Schulmeister Dunker ist zufrieden mit seinem Werk, keiner in Krenzlin fürchtet sich nun mehr vor den Streichen der Brüder Max und Moritz. Auch so kann man mit auffälligen Kindern umgehen.

 

Diese Geschichte ist aus, dort oben fliegt eine goldene Maus!

 

Angelegt an die berühmten Streiche der Buben "Max und Moritz" von Wilhelm Busch, 1865.

Klein Krams

Der Werwolf von Klein Krams

Der Wald bei Klein Krams, unweit Ludwigslust, war so wildreich, dass die Herzöge jährlich mehrere Male hinauszogen, um große Treibjagden zu halten. Gewöhnlich war das Ergebnis dieser Jagden sehr befriedigend, aber fast immer störte ein Wolf. Er biss etliche Hunde lahm, fügte den Treibern Schaden zu und lief letztendlich mit einem Hasen oder Reh im Maul davon. Alle Flinten der Jäger waren schon mehr als einmal auf das Tier abgefeuert worden, aber nie hatte eine Kugel getroffen. Waren die Kugeln gar an der Wolfshaut abgeprallt? Jäger und Treiber glaubten fest daran, dass man hier mehr als einen gewöhnlichen Wolf vor sich hatte, es musste ein Werwolf sein.


Der Herbst und der Winter gingen langsam vorüber, ein brennendheißer Sommer folgte.


An einem besonders heißen Tag reiste ein Mann, namens Will, durch das Dorf Klein Krams. Er gehörte zur Jagdgesellschaft des Herzogs. Will hatte großen Durst, hielt am Hof der Feegs und wollte um Wasser bitten. Kaum trat er auf die Tür zu, stürmte eine Gruppe schreiender Jungs heraus. Er griff sich einen, um zu erfahren, was wohl los wäre. So erfuhr er von Karl, der sie als Werwolf verkleidet erschreckte.


Der Jäger wollte natürlich der Werwolf-Geschichte auf den Grund gehen. Die Kinder warnten ihn: Karl beißt jeden, solange er in der Wolfshaut steckt.

 

Als sich alle einigermaßen beruhigt hatten, gingen sie in das Haus. Auch der Fremde, dessen Neugier aufs Äußerste gestiegen war. Karl kam ihnen fröhlich entgegen. Der Mann fragte ihn, ob das, was die Jungs erzählten, stimmen würde. Nach einigem Zögern bejahte Karl und gab auch den Bitten nach, seine Kunst erneut zu zeigen. Er bat Will, auf die Abseite zu steigen und am besten die Leiter auch gleich mit hochzuziehen. Gesagt, getan.

 

Nun ging Karl in die Stube, kam nach etlichen Minuten als junger Wolf wieder heraus und jagte alles, was nicht hinaufgestiegen war, zum Haus hinaus. Der Fremde traute seinen Augen nicht. Er wollte Betrügerisches entdecken, fand aber nichts.

 

Nachdem der junge Wolf wieder in die Stube gegangen und als Karl herausgekommen war, stieg der erstaunte Mann herunter und fragte nach dem Wie, denn dass es kein Betrug war, hatte er deutlich gesehen.

 

Karl wollte mit der Sprache nicht so heraus, nach einigem hin und her erzählte er jedoch, dass er den Zaum seiner Großmutter übergeworfen habe, um im Handumdrehen zum Werwolf zu werden.

 

Nun gab der Fremde nicht nach, Karl musste den Zaum zeigen — wobei er ihn nicht aus den Händen ließ — und erzählen, wozu seine Großmutter den Zaum brauche. Brav erzählte Karl, dass die Großmutter den Zaum nur überwürfe, wenn sie kein Fleisch mehr hätten. Nachts käme sie dann mit einem Huhn oder einem Schaf, auch mal mit einem Hasen oder einem Reh nach Hause. Jetzt kannte Will den Wolf, der die Treibjagden immer wieder störte ...

 

Die Tage vergingen, Karl hatte seiner Großmutter natürlich nichts von dieser Begegnung erzählt, der Herbst war gekommen, die großen Treibjagden bei Klein Krams begannen.

 

Dieses Jahr werden wir den Wolf erlegen, Jäger Will erntete bei dieser Aussage Gelächter der ganzen Gesellschaft. Er schob eine aus Erbsilber gegossene Kugel in den Lauf seiner Büchse. Redet ihr nur, ich weiß es besser.

 

Großmutter, ich bin so hungrig, mein Bauch tut weh. Wenn ich könnte, Karl, würde ich mir für dich etwas aus den Rippen schneiden ... Aber warte, heute hole ich ein schönes Stück Fleisch für uns. Damit wir mal wieder richtig satt werden. Ab und zu muss das sein, auch wenn der Herzog dies mit dem Tode bestraft. Er und seine Jäger werden mich schon nicht erwischen. Das ist viel zu gefährlich, Großmutter! Dann hungere ich lieber. Na, das lass mal meine Sorge sein, Karlchen. Die Großmutter ging in ihre Schlafstube und zog für ihren Ausflug den besonderen Riemen aus dem Verborgenen. Nicht einmal jetzt gestand der Junge den Besuch des Fremden. Oder hatte er ihn vergessen? Dieses vermaledeite Zaumzeug.

 

Die Jagd begann. Jeder wählte einen Posten, wo seiner Meinung nach das meiste Wild kommen musste. Auch der Jäger Will. Die Treiber schrien, klapperten, bliesen, Dutzende von Hasen, Rehen, Hirschen und Schweinen flüchteten und fielen im Kugelhagel der versteckten Jäger. Auch der allbekannte Wolf fehlte nicht. Kein Jäger schoss nach ihm, weil jeder seine Kugelfestigkeit kannte. Nicht einmal die Hunde hatten mehr Lust, sich mit ihm herumzubeißen, weil sie immer schlimm von ihm zugerichtet worden waren. Alle sahen daher ruhig zu, als er, ein Reh im Maul, davon lief.

 

Wills Schuss streckte den Wolf augenblicklich zu Boden. Was laufen konnte, lief dahin, jedoch ehe man zu ihm kam, raffte sich der Wolf wieder auf und eilte davon. Er hinkte, die Kugel hatte einen seiner Hinterläufe getroffen. Dies hielt jedoch keinen der Jäger vom Verfolgen der Bestie zurück. Der Wolf flüchtete zum feegschen Gehöft. Seine Verfolger suchten und fanden ihn endlich im Bett der alten Großmutter, unter der Bettdecke lugte der Schwanz hervor. Die alte Frau war also wirklich der Wolf, wie Will richtig ahnte. In ihrem Schmerz hatte sie vergessen, den Zauberzaum abzulegen und lüftete somit selbst den Schleier ihres Geheimnisses. Nun wissen wir genug, die Verfolger gingen zurück und erzählten, was sie gesehen hatten. Von nun an wurden die Treibjagden bei Klein Krams nicht mehr durch einen Werwolf gestört. Die alte Feeg aber blieb durch diesen Schuss bis an ihr Lebensende lahm. Karl pflegte sie liebevoll. Den Zaum verbrannte er und verdiente sein Essen auf ehrliche Weise.
 

Diese Geschichte ist aus und dort oben fliegt eine goldene Maus!

 

Nach "Der Werwolf von Klein Krams". aus Mecklenburgs Volkssagen, Band 2. Autor: J. J. F. Giese zu Strohkirchen, 1862.

Krenzliner Hütte

Das gläserne Glück der Krenzliner Hütte

Nach einigen Jahren auf der Walz landete Just, jüngster Spross der berühmten Glasmacherfamilie Poschinger aus dem Bayerischen Wald, in der Griesen Gegend, um für den Herzog feinstes Glas zu blasen. Er fühlte sich am Hof hoch geachtet und glaubte fest daran, hier sein Glück gefunden zu haben. Werkzeug hatte er als einziges Kapital immer bei sich: Glasmacherpfeife, Rund- und Batzenschere, Wulgerholz, Hefteisen, Model und Schablonen, Pfahleisen, Kölbelhalter, Kugelspeiser und die Stielpresse. Alles, was er brauchte war in unmittelbarer Nähe verfügbar ... Wasser, Eisenoxyd, Torf, Bäume und Platz für seine erste eigene Hütte. Ungelernte Helfer waren schnell gefunden, so konnte er mit der Produktion beginnen.


Harte Arbeit war Just gewöhnt. Zunächst stand er in einem Schuppen ohne Wände, der mit Torf betriebene Lehmbrennofen gab die erforderliche Wärme ab und schmolz gleichzeitig die Ingredienzien zu einer zähen Masse. Mit der Pfeife, einem langen Eisenrohr, und seinem Wulgerholz entstanden erste Kugelpokale, die den Herzog zum Staunen und Lächeln brachte. Davon bestellte er eine ganze Kiste voll, in allen Farben und Größen. Just experimentierte lange, bis er blaue, grüne, rote und sogar goldene Pokale blasen konnte.


So vergingen die ersten Jahre wie im Flug, die kleine Schar Glasmacher hatten ihr Auskommen, kleine Häuschen standen in Reihe, schützten ihre Familien, nur Just war noch alleine. Er arbeitete rund um die Uhr und hatte schlichtweg keine Zeit, eine Familie zu gründen. Die schönsten Glaswaren verließen die Krenzliner Hütte. Von nah und fern kamen Reisende, um sich aus dem reichen Fundus ihr Lieblingsglas auszusuchen. Eines Tages fuhr eine Kutsche mit zwei Rappen vor. Ihr entstiegen ein gutsituierter Mann und eine junge Dame im heiratsfähigen Alter, ganz offensichtlich Vater und Tochter. Sie reisten aus der Hansestadt Hamburg an, hatten selbst in der fernen Stadt von der makellosen Glaskunst des Just Poschinger gehört. Johannsen und seine Tochter fragten nach dem Meisterglasbläser. Just sah uninteressiert hoch, als er jedoch das schüchterne Mädchen mit dem fast durchscheinenden Gesicht wahrnahm, war es um ihn geschehen. Er stand auf, trat näher und reichte ihr eine rote Rose aus Glas. Mit einem Kniefall frage er: Wollt ihr meine Frau werden? Johannsen lief rot vor Wut an und stieß Just brüsk um. Was fiel ihm ein, wie konnte er es wagen, seine Tochter zu belästigen? Er wollte sofort den Eigner der Glashütte sprechen. Den habt ihr vor euch, mein Herr, gluckste Just von unten. Ihr? Ihr seid der Meisterbläser? Entschuldigt bitte mein Verhalten, ich bin so beeindruckt von der lichten Schönheit Ihrer Begleitung. Darf ich vorstellen: Meine Tochter Irmala Johannsen aus Hamburg Harvestehude. Sehr erfreut, Irmala Johannsen aus Hamburg Harvestehude. Darf ich es wagen, mein schönes Fräulein, Arm und Geleit Ihr anzutragen, ich zeige euch die Krenzliner Glashütte mit allen Geheimnissen. Von da an gingen die beiden nur noch gemeinsam alle Wege. Just eroberte Irmala mit seiner Kunst im Sturm, da konnte der Vater noch so störrisch dagegenreden, die beiden hatten sich nicht gesucht und dennoch gefunden. Für immer. Ihre Heirat war nur eine Formalie.


Irmala lernte schnell und entwickelte auf ihre feine Art, hauchdünnes Glas in Kugelform zu blasen. Diese Kugeln mit zarten Metallhäubchen zum Aufhängen dekorierte sie in den dunklen Monaten in die Bäume und erfreute sich an dem Glitzern und Flirren, wenn das Sonnenlicht sie beschien. Menschen, die vorüber kamen, bewunderten diesen Baumschmuck, einige wollten selbst eine edle Kugel besitzen. Zu einem sehr gediegenen Preis verkauften die Poschingers die raren Kunstwerke und sparten den Erlös für schlechte Zeiten. Zum Glück waren diese nicht in Sicht, ganz im Gegenteil, Irmala war in freudiger Erwartung. Im Sommer sollte ihr erstes Kind kommen. Die Aufregung stieg ins Unermessliche, Sohn oder Töchterchen ... sie wussten nicht, was sie sich mehr wünschten. So war die Freude riesengroß, als sie beides in Händen hielten. Das Zwillingspärchen wuchs und gedieh, ihr Glück war vollkommen.


Nach der Kindbettpause begann Irmala wieder mit ihrer Kugelmanufaktur, es hatte sich bereits eine lange Bestellliste aufgestaut, sie musste sich ranhalten. Um schneller voranzukommen, lernte sie eine Hand voll Frauen aus der Nachbarschaft an. Zusammen konnten sie schnell die Liste abarbeiten und auf Vorrat produzieren. Irmala wollte bei einem Besuch ihrer Familie in Hamburg einen Korb voll mitbringen. Im Herbst 1752 reiste sie mit ihren Zwillingen in die Hansestadt, einmal wollte sie ihren Eltern die Enkel vorstellen. Welch eine Freude! Die mitgebrachten Glaskugeln waren vergessen, viel wichtiger schien ihr, den Kindern den Hafen, den Michel und das Handelshaus der Familie in der Speicherstadt zu zeigen. Jeden Tag unternahmen sie lange Fußmärsche, die Kinder kannten das Stadtleben so gar nicht und waren begeistert vom geschäftigen Treiben auf den Straßen und dem Tuten der Schiffe. Ihr Großvater las Geschichten beim Zubettgehen vor, der Besuch konnte nicht harmonischer verlaufen. Eines Abends nahm Irmala den Korb mit den Glaskugeln und zeigte ihren Eltern die Pracht. Sie konnten nicht glauben, dass ihre Tochter diese Wunderwerke selbst hergestellt hatte und drehten sie unablässig in den Händen. Im Kerzenschein funkelten die Kugeln noch schöner. So entstand die Idee, sie im Freundeskreis als Weihnachtskugeln anzubieten. Im Weihnachtsbaum mit Kerzenlicht mussten sie einfach himmlisch aussehen. Jede angesprochene Familie nahm gleich mehrere Kugeln, schnell war der Korb leer.


Die junge Familie reiste nach viereinhalb Wochen in ihre Heimat zurück. Einen ganzen Tag fuhr die Kutsche durch die Landschaft, alle drei konnten wehmütig Abschied nehmen von den fröhlichen Turbulenzen des Stadtlebens und sich auf das Wiedersehen mit Mann und Vater freuen. Dieser war in der Zwischenzeit fleißig wie immer und schloss seine Familie in die Arme. Das Dorf war in der kurzen Zeit um mehrere Arbeiter gewachsen, die Produktion lief auf Hochtouren. Auch Irmala startete wieder mit ihren Kugeln. Motiviert durch ihre Hamburg-Reise schuf sie neue Formen, Tannenzapfen, langgezogene Tropfen, die ursprünglichen Kugeln aber machten ihr am meisten Freude. Der Vater hatte versprochen, den gesamten Glasschmuck in sein Handelsprogramm aufzunehmen. Sie sollte möglichst viele unterschiedliche Größen und Farben herstellen. Auch wollte sie mit Silber experimentieren und die Kugeln hauchdünn versilbern. Gemeinsam mit ihren Gehilfinnen schaffte sie enorme Mengen und konnte schon nach kurzer Zeit mehrere Behälter mit dick verpacktem Glaswerk per Postkutsche nach Hamburg bringen lassen. Eine Woche später schickte der Vater einen Brief und berichtete über den überaus großen Erfolg des weihnachtlichen Baumschmucks. Besonders die neuen verspiegelten Kugeln waren innerhalb kürzester Zeit vergriffen. Eine große Geldsumme legte der Vater in Hamburg bei einer Bank für sie zurück und bat um weitere Lieferungen, so schnell sie konnte. Diesmal arbeitete auch Just in der Produktion mit, außerdem holten sie alle verfügbaren Kräfte dazu, jede Hand wurde gebraucht. Die wöchentlichen Postkutscher hielten schon automatisch in Krenzliner Hütte und luden die Behälter aufs Dach der Kutsche, ein reger Lieferservice begann: Glasschmuck für Hamburg und damit in alle Herren Länder, dringend benötigte Materialien zurück in die Glashütte. Dies hätte noch viele Jahre so gehen können, wenn nicht ein fürchterliches Unglück passiert wäre ...


Im Winter musste wie jedes Jahr Holz geschlagen werden. Just war mit einer Gruppe Arbeiter auf dem Ochsengespann unterwegs. Ein sehr seltenes Wintergewitter ließ die Ochsen unruhig werden, ein Kugelblitz schlug direkt vor dem Wagen ein, die Ochsen rannten wie von der Tarantel gestochen in den Wald, Just als Wagenführer wurde hin und her geworfen. Er schoss in hohem Bogen vom Wagen, die Deichsel spießte ihn unbarmherzig auf.


Der Trauermarsch vom Wald bewegte sich langsam Richtung Glaswerkstatt. Keiner hatte es eilig, wollte gar Irmala die Nachricht überbringen. Sie erwartete ihren Mann und stand am Eingangstor. Was war nur geschehen, warum schlichen die Leute nach Hütte, hatten sie alle keinen Hunger? Sie konnte sich die Langsamkeit nicht erklären. So nach und nach ahnte sie, dass etwas nicht in Ordnung war und ging entgegen. Ein unmenschlicher Schrei entkam ihrer Kehle als sie ihren Mann auf dem Wagen liegen sah.


Irmala hatte beschlossen, mit ihren Kindern wieder nach Hamburg zu ziehen. Allein in Krenzliner Hütte zu arbeiten und ständig ihren Mann zu vermissen, hätte sie nicht ausgehalten. So kehrte sie in den Schoß der Familie zurück und freute sich an der Entwicklung ihrer gemeinsamen Kinder. Die Glashütte in Krenzlin wurde einige Jahre noch von den Einheimischen weiterbetrieben bis das Wissen endgültig versiegte und niemand mehr wusste, wie man so dünnes Glas bläst und das Versilbern geht.


Diese Geschichte ist aus, dort oben fliegt eine goldene Maus!

Loosen

Der Müller von Loosen

Der Windmühlenbesitzer August Kumulus hatte drei Töchter. Die Älteste war lang und dumm, die mittlere Tochter war klein und pfiffig, die Jüngste war dicklich und etwas tranig. Tagein tagaus arbeitete August fleißig und gewissenhaft und hatte sogar Spaß daran. Wenn ein Bäcker spezielles Mehl für eine Festtagstorte beispielsweise benötigte, legte er immer einen Zahn zu, um das Mehl besonders fein und frei von Spelzen zu mahlen. Er packte es in Seidenpapier, das Anni, seine mittlere Tochter, mit Blüten in allen Farben des Regenbogens bemalt hatte. Die Leute waren von diesen Seidenmalereien so begeistert, dass immer wieder spezielle Mehlsorten bestellt wurden, nur um diese begehrten Papierbögen zu ergattern.


Eines Tages kam ein junger Knappe des Weges und bestellte zwei Kilo Walnussmehl. Er bestand darauf, dass das Seidenpapier mit roten, weißen und gelben Rosen bemalt sein sollte. August gab den Wunsch an Anni weiter, diese setzte sich sogleich hin und malte die schönsten Rosen in den bestellten Farben. Zwei Tage später kam der angehende Ritter, bezahlte mit einem Goldtaler das Mehl und fragte nach dem begabten Künstler. August stotterte und wusste so schnell keine bessere Antwort. Er sagte ehrlich, dass seine Tochter schon von Kleinauf alles mögliche mit Farbe „verzierte“ – sehr zum Leidwesen seiner Frau – und es die wohl lukrativste Idee von ihm gewesen sei, das Edelmehl auf diese Weise zu verpacken. Seine Tochter wäre nun glücklich, seine Frau auch und die Käufer reißen sich geradezu um die Seidenbögen, das machte ihn glücklich und wohlhabend. Horst von Weitersloh, der Knappe, schmunzelte und verließ die Mühle.


Drei Tage später kehrte er zur Mühle zurück und bestellte fünf mal ein Kilo Walnuss-, Haselnuss-, Mandel-, Erdnuss- und Pistazienmehl. Der Müller raufte sich die Haare, woher sollte er diese speziellen Nüsse herbekommen?


Eine gute Fee hatte die Bestellung zufällig mitgehört und stand plötzlich an der Seite des verzagten Müllers. Was gibst du mir, wenn ich dir die Nüsse besorge? Du? Was könntest du schon von mir haben wollen? Eine deiner Töchter! Ich bilde sie aus und lege damit bei ihr den Grundstein des Feenwissens. Gib mir deine dümmste Tochter, ich mache aus ihr ein kleines Genie. August überlegte, er könnte damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Er bekäme die Nüsse aus fernen Ländern und brächte seine älteste Tochter endlich unter. Verlockend.


Also gut, bringt mir von allen Sorten so viele Nüsse, dass ich je ein Kilo feinstes Mehl mahlen kann, und ihr bekommt meine Älteste zur Ausbildung. Die gute Fee nickte und machte sich auf den Weg. Am nächsten Tag stand ein Wagen mit vollen Säcken vor der Mühle. Sie enthielten Walnüsse, Haselnüsse, Mandelkerne, Erdnüsse und Pistazien. Die ganze Familie und viele Loosener staunten nicht schlecht, alle halfen beim Entladen. August warf die Mühle an und los ging es!


Anni hatte nun auch alle Hände voll zu tun und bat die jüngere Schwester, ihr zu helfen. Leider war dies vergebene Liebesmüh, Trude saß lieber in der Stube und spann und aß. Anni malte tag und nacht bis fünf Bögen mit den allerschönsten Frühlingsblüten auf dem Tisch lagen, bereit das Edelmehl in sich aufzunehmen. Als nach drei Tagen Horst von Weitersloh am Tor klopfte, wurde er schon erwartet. Fünf Packungen standen auf dem Mühlstein und strahlten mit der Sonne um die Wette. Anni hatte im Verborgenen ihren Vater und den jungen Ritter beobachtet und sich spontan verguckt. Sie ahnte nicht, dass der Knappe sie längst gesichtet hatte. Horst von Weitersloh verließ die Windmühle, die Fee ging mit Edeltraut in ihr Reich und alles schien gut. August saß mit der mittleren und mit der jüngsten Tochtern in der Stube und genoss den Feierabend.


Plötzlich klopfte es am Tor. Wer mag das noch sein, so spät am Abend? August schlurfte vollkommen erschöpft zum Tor und öffnete. Es war Horst von Weitersloh, der Einlass erbat. Herr Müller, ich benötige dringend Paranussmehl, sonst passiert etwas Schlimmes. Mein Herr ist sehr krank, der Pillendreher meinte, Nussmehle könnten helfen. Er braucht nun auch noch Paranussmehl. Woher soll ich diese exotischen Nüsse denn nehmen? Augenblicklich erschien wieder die gute Fee und fragte, ob sie helfen könne. Bitte seid so gut und besorgt Paranüsse, damit ich davon zwei Kilo Mehl mahlen kann. Gern, Müller, ihr habt ja noch zwei Töchter. Die mittlere bekommt ihr aber nicht, rief Horst von Weitersloh, die möchte ich heiraten. Hab ich da vielleicht auch noch ein Wörtchen mitzureden, mischte sich Anni schelmisch ein. Sie hatte durch ihre Arbeit eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein getankt. Aber ja, wertes Fräulein. Dann bin ich ja froh.


Die Fee wollte sich auf die jüngste Müllerstochter gern einlassen. Zunächst aber besorgte sie Paranüsse, einen ganzen Wagen voll. Der Müller mahlte, Anni bemalte das Seidenpapier in zarten Farben und freute sich auf das Wiedersehen mit ihrem Horst. Der stand am nächsten Morgen vor der Mühle, bezahlte schnell das Paranussmehl, das Seidenpapier würdigte er mit keinem Blick, und verschwand. Wenn sein Herr wieder gesund ist, wird er sich bestimmt bei dir melden. Hoffentlich.


Beide Schwestern weg, Anni fühlte sich fast ein bisschen einsam. Die Tage vergingen, Wochen, Monate, Horst von Weitersloh war nie mehr aufgetaucht. Anni konnte sich keinen Reim darauf machen und wurde von Tag zu Tag kleiner. Was war nur mit ihm geschehen?


Schon blühten die Kirschen, ein Dreivierteljahr später klopfte es am Tor und er stand da, strahlte übers ganze Gesicht und hatte einen Strauß Rosen in der Hand, rote, weiße und gelbe. Ich bin gekommen, um heute deinen Vater um deine Hand zu bitten, Anni. Wo warst du die vielen Monate, lieber Horst? Mein Herr und ich waren bei vielen Ärzten, in nah und fern. Keiner wollte glauben, dass die Nusskur wirklich geholfen hat. Er ist komplett gesund! Und das ist der zweite Grund, weshalb ich hier bin. Er möchte euch zu Hoflieferanten machen und lässt euch durch mich fragen, ob ihr mit 150 Goldtalern im Jahr zufrieden seid.


Das müssen wir erst mal durchrechnen, tönte August von hinten. Aber die Hand meiner Tochter geb ich euch gern. So feierten sie ein großes Hochzeitsfest, Annis Schwestern waren aus dem Feenreich angereist, alle Loosener freuten sich und tanzten auf den Straßen. Das Brautpaar verteilte handbemalte Seidenblumen und genoss den Tag. Es war der Beginn eines glücklichen Lebens.


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Neu Krenzlin

Das Burgfräulein und der Goldene Spiegel

Der Ritter des Elefanten-Ordens Christian Gottfried von Pentz hatte mit seiner geliebten Frau Elisabeth sechs wohlgeratene Kinder, drei Söhne und drei Töchter. Alle lebten in der Burg Crentzelein, gingen ihren jeweiligen Interessen nach und freuten sich auf die Abwechslung, wenn ein Verwandter oder ein Fremder des Weges kam und eine Rast einlegte. Die Burg lag doch etwas abseits, im schönen Mecklenburger Land.


Die Mädchen des Hauses waren inzwischen im heiratsfähigen Alter, man suchte nach passenden Rittern. Amalia, die Älteste, und Miranda, die mittlere Tochter, waren mehr oder weniger unter der Haube. Das rauschende Fest für Miranda stand kurz bevor, man hatte 240 Gäste eingeladen, um ihre Hochzeit gebührend zu feiern. Sophia, die Jüngste, machte keinerlei Anstalten. Sie saß immer nur vor dem Goldenen Spiegel, betrachtete ihr Bild und fand diesen Zeitvertreib aufregend genug. Ihre Mutter machte sich allmählich schon Sorgen, was sollte mit Sophia nur werden? Vielleicht fand sie Gefallen an einem Hochzeitsgast ihrer Schwester, beruhigte sie sich selbst.


Sophia, du bist die Schönste im ganzen Land, tönte der Goldene Spiegel, keine andere Prinzessin kann dir das Wasser reichen. Danke, lieber Spiegel, was willst du heute für mich tun? Wie wäre es, wenn wir mal wieder Locken drehen und eine neue Hochsteckfrisur ausprobieren? Das ist langweilig. Dann lass uns doch bunte Schleifen binden und ins Haar flechten. Langweilig. Gut, dann bin ich für Perlen auffädeln und die Ketten in die Haarsträhnen drehen. Hast du keine neuen Ideen? Aber Sophia, wir sitzen jeden Tag zusammen, immer präsentiere ich dir neue Frisuren, neue Kleider, neuen Schmuck. Was kannst du mir eigentlich bieten? ICH?? Ja, natürlich du, ist ja kein anderer da.


Sophia grübelte. Du hast recht, ich habe noch nie selbst Hand angelegt. Lass uns heute mal ausreiten, lieber Spiegel, und die schönen blauen Blumen pflücken. Die kann ich Mutter in einem Korb schenken und ihr eine kleine Freude bereiten. Das musst du alleine machen, ich kann dich leider nicht begleiten. Warum denn nicht? Ich wickle dich in eine weiche Decke, da kann dir nichts passieren. Nein, ich komm nicht mit, sagte der Spiegel kurz angebunden. Gut, wenn du nicht willst ...


Sophia bat darum, den Schimmel zu satteln, drehte sich noch einmal zum Spiegel um und verließ die Burg Richtung Glockenblumenwiese. Kaum angekommen pflückte sie so viele zartblaue Blüten, dass sie die Zeit völlig vergaß. Warum war der Goldene Spiegel nur so stur. Wie sie es genoss, an der frischen Luft diese schönen Blumen zu einem beeindruckenden Strauß zusammenzustellen. Sicherlich würde sich Mutter sehr darüber freuen. Sie konnte inzwischen den Strauß kaum mehr halten.


Es wurde schon dunkel. Der Schimmel war auch nirgends zu entdecken. Und nun? Sie lief zum nächsten Dorf Crampetze, überquerte an der Brücke das Flüsschen Rögnitz, in der Hoffnung, jemanden zu treffen, der sie nach Hause bringen konnte. In der Burg war bestimmt der ganze Hausstand in heller Aufregung. Dort, endlich sah sie einen Ritter zu Pferd. Bitte helft mir, mein Schimmel hat das Weite gesucht während ich diese wunderschönen Glockenblumen pflückte. Ich muss auf die Burg bei Crentzelein. Das nenn ich Zufall, genau dorthin muss ich auch. Eine Tochter des Hauses feiert in den nächsten Wochen Hochzeit, ich wurde zu ordentlichen Ritterspielen eingeladen. Mein Name ist Theodor von Wolkenstein, ich komme aus Brixen und bin schon seit vielen-vielen Tagen unterwegs. Auch Sophia stellte sich vor und erzählte, die Braut wäre ihre Schwester Miranda.


Darf ich Sie dann nach Hause begleiten, mein Fräulein? Bitte steigt auf mein Pferd, das ist so stark, dass es uns beide tragen kann. Sophia war sehr geschmeichelt und folge der Aufforderung. Sie fühlte sich gut aufgehoben, das Pferd schaukelte und lullte sie ein. Ja, sie schlief tatsächlich ein.


Als sie erwachte, sah sie Fackeln und hörte Hundegebell. Ihr schwante, dass sie gesucht wurde und machte sich noch kleiner, weil sie sich vor Strafe fürchtete. Sophia, wir sind angekommen. Theodors Stimme klang wie Musik in ihren Ohren. Bitte verratet mich nicht, ich trage schnell die Blumen ins Gesindezimmer und verstecke mich in meinen Gemächern. Meine Eltern sind bestimmt sehr böse auf mich. Sie sprang vom Pferd und lief so schnell sie konnte davon.


Vollkommen außer Atem stürzte sie ins Gesindezimmer, legte den Strauß ab und floh in ihre Räume. Zum Glück hatte sie niemand entdeckt. Was war denn hier passiert? Der Boden glitzerte in allen Farben, witzige Scherben lagen verstreut, der goldene Rahmen des Spiegels zerbrochen dazwischen. Lieber Spiegel, was ist dir denn? Keine Antwort. Sophia verstand die Welt nicht mehr. Der Goldene Spiegel hatte aufgehört zu existieren ...


Es klopfte an der Tür. Sophia, ich weiß, dass du da bist. Ihre Mutter. Mamatschi, bitte verzeiht mir, ich wollte euch nicht ängstigen. Es war so schön, die vielen Glockenblumen zu pflücken, ich habe sie für euch gepflückt und dabei die Zeit vergessen. Ich weiß, Theodor hat mir alles erzählt. Mach doch mal die Tür auf! Sophia sperrte die Tür auf und ließ ihre Mutter ein. Sag einmal mein Kind, was hast du mit diesem Mann angestellt, er leuchtet, wenn er von dir spricht und kommt geradezu ins Schwärmen. Ich? Was soll ich getan haben? Ich war allein, selbst der Schimmel war verschwunden. Ich habe gefragt, ob er mir helfen könne. Ganz unschuldig. Das muss es gewesen sein, mein Töchterchen. Er ist komplett entbrannt, möchte dich am liebsten morgen heiraten. Wirklich?! Das ist ja wunderbar!!


Sophias Mutter kam aus dem Staunen nicht heraus. Ihre kleine Tochter schien überglücklich und drängte, zur Gesellschaft zu gehen. Sophia, wir müssen erst mit deinem Vater sprechen. Bevor er nicht eingewilligt hat, ist alles Schall und Rauch. Dann rede doch bitte mit ihm, ich warte hier und bereite mich auf die Begegnung mit Theodor vor.


Ihre Mutter verließ mit einem Lächeln auf den Lippen das Gemach. Manchmal muss man Geduld haben. Dann feiern wir eben eine Doppelhochzeit ...


Was soll ein Vater schon dagegen haben, wenn sich seine Tochter in den Erben eines alten Geschlechts verliebt. Konnte es eine Steigerung geben? Sicher, sie würde weggehen, das war eine bittere Pille. Offensichtlich liebte Herr von Wolkenstein seine Sophia, dann soll er sie bekommen. Ja, meine liebe Elisabeth, aus Kindern werden Leute, adlige Leute!


So feierten sie also in der Burg derer von Pentz ein rauschendes Fest. Miranda ehelichte ihren Bräutigam und Sophia wurde Theodor zugeführt. Sie schenkte ihm zum einjährigen Ehegelübde einen Stammhalter und danach noch viele weitere Kinder. Er hatte ein Geschmeide mit glockenblumenblauen Saphiren anfertigen lassen. Sie lebten glücklich und in Freuden bis an ihr Ende.


Diese Geschichte ist aus, dort oben fliegt eine goldene Maus!